Florian Neuner
JENA PARADIES
ISBN: 978-3-85415-364-1184 Seiten, brosch., erschienen 2004
Es geht immer um die Kategorie des Zusammenhangs.
Wenn alles in Scherben fällt…
Aus den Trümmern wenigstens die Sexualität retten.
Immer unvollständiger, ruinenhafter seien die Reste unmittelbarer Erfahrung.
Florian Neuner ist den Beobachtern der Literaturszene seit Erscheinen seines kleinen Prosabandes Und käme schwarzer Sturm gerauscht (2001) ein Begriff, da seine Literatur unverwechselbar und originell Zitatmaterial mit eigenen Notizen mischt und zugleich das Spannungsfeld derart im Fluss hält, dass dem Leser kaum der Gedanke der Beliebigkeit aufstoßen wird. Zwölf dieser Erzählungen versammelt vorliegendes Buch, die meist im Titel die Station der Durch-Reise markieren: Poschiavo, Venedig, Greifswald, Bratislava, Laa an der Thaya, Frankfurt, Berlin u.a. Im Stück über Mürzzuschlag, das dem Pianisten Claudio Arrau gewidmet ist, lesen wir:
Mit dem ganzen Körper müsse man spielen, nicht gespannt und zugleich gelöst. Und der Hörer müsse merken, dass eine Passage schwer sei – sonst entstehe keine Spannung.
Nun ist der Ich-Erzähler keineswegs so souverän wie sein Autor und bei Neuner ist weniger der Flaneur auf dem Weg, wie eine kluge Beobachterin seiner Texte festhält, sondern der Getriebene, der den Weg verlässt und sich dem Umweg und Abweg aussetzt (Petra Nachbaur). Ebenso wenig kann der Leser in die Rolle des Voyeurs schlüpfen, da die zahlreichen Schilderungen (homo)sexueller Kontakte nicht zuletzt dem prinzipiellen Interesse an der Darstellbarkeit von Instabilitäten verpflichtet sind: Flüchtigkeit, Zwang, Wiederholbarkeit …
Man könne vor dem Karneval nicht weglaufen, denn er kenne keine räumlichen Grenzen. Wenn aber die Begegnung mit dem Männlichen stattfinde, dann sei es eine Katastrophe
… lesen wir im längsten Stück des Buches, über den Kölner Karneval und Strategien der Karnevalisierung:
Das Ganze spitze sich auf die Frage nach Intensität zu. …
Wir wagen nicht den Ausbruch.
Wir tarnen uns.