Der Wiener Aktionist und Kommunegründer OttoMühl wurde im Juni 1991 zu sieben Jahren Gefängnis verurteilt. Während dieser Zeit, die der Künstler als „kreative Klause“ bezeichnet, korrespondiert er mit Familie, Künstlern und Freunden. Zudem führt Danièle Roussel regelmäßig Gespräche mit dem Künstler in den Justizanstalten Stein und Mittersteig. OttoMühls Gedanken über aktionistische Kunst, über soziale Utopie und über den Alltag im Gefängnis sind ein philosophischer Rundumschlag gegen die gesellschaftliche Verdummung. Seine Themata finden Ausdruck in Gesprächen, Briefen und Bildern.
“Die Aufgabe der Kunst ist jene zu provozieren, die nicht wissen, was ihnen fehlt – die sogenannten „normalen Leute“. Kunst stellt das, was in der Gesellschaft mangelt, dar; was zur Lebenserhaltung fehlt. Kunst gestaltet eine Utopie, und zwar die Utopie der sozialen Verwirklichung des libidinösen Paradieses”. (OttoMühl 1997)
Otto Mühl
* 1925 in Grodnau-Mariasdorf, Burgenland (A), † 2013 in Moncarapacho, Olhão, Portugal, österreichischer Aktionskünstler und einer der Vertreter des Wiener Aktionismus.
Ab 1945 Lehramtsstudium für Geschichte und Deutsch und ab 1952 Kunstpädagogik an der Akademie für bildende Künste in Wien.
Lernt ab 1960 Günter Brus, Hermann Nitsch und Rudolf Schwarzkogler kennen, mit denen er den „Wiener Aktionismus“ begründet. Es folgten zahlreiche Aktionen und Aktionsfilme.
Mühl gründet ab 1970/71 in Wien die Aktions-Analytische-Kommune, der sich in den 1970er und 1980er Jahren immer mehr Kommunarden anschließen.
1972 Erwerb des Friedrichshof im Burgenland, dieser ist nach dessen Renovierung Sitz und Zentrum der Kommune, auch für die ab 1979 in zahlreichen Städten gegründeten Stadtkommunen (München, Berlin, Hamburg, Genf, Paris, Oslo u.a.).
Ab 1985 Veränderungen in der Kommunenstruktur, die später zur Auflösung führten.
Ab 1988 Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen Mühl u.a. wegen Kindesmissbrauch,
1991 Untersuchungshaft, Anklage und Verurteilung zu sieben Jahren Gefängnis.
Nach seiner Haftentlassung Umzug in die Nähe von Faro in Portugal, dort lebte er bis zu seinem Tod in einer Gruppe mit 14 Erwachsenen und deren Kindern.
1998 zwei große Einzelausstellungen im Museum für angewandte Kunst und 2010 Ausstellung seiner Spätwerke im Leopold-Museum in Wien.