.aufzeichnensysteme
GRATE
ISBN: 978-3-85415-594-2152 Seiten, brosch., erschienen 2019
In „GRATE“ verdichtet die als „.aufzeichnensysteme“ auftretende Autorin scharfkantig geschnittenen Satzbruch aus eigenen Prosatexten und Notizbüchern zu minimalistischen zweizeiligen Gefügen. Das in vier Formationen (betitelt als „Dampf“, „Starre“, „Licht“ und „Ton“) ausgebreitete Material verbindet sich zu fragilen Mini- Syntagmen nur weniger Wörter, die ursprünglichen Kontexte sind fast ganz verwischt. Im schroffen Wechsel der Begriffe, Bilder und Vorstellungen choreographiert der Text multiple, sich überlagernde Geschichten. Bloße Ahnungen statt Gewissheit, permanentes Neuanheben statt Kontinuität versetzen den Leser in einen Zustand intensiver Zuwendung. Solch „dramatische“ Sprunghaftigkeit forciert eine „mehrgleisige“ Rezeptionsweise, welche die Verarbeitung flirrend wechselnder Bedeutungen mit der Betrachtung von Komposition und Tektonik zusammenführt, Text als forminhaltliche Konstruktion begreift. In dem nach arithmetischen Prinzipien organisierten Buch gewinnt das kalkulierte Spiel mit Gleichlaufschwankungen semantische Relevanz. Kontinuierlich eingespeiste Einzeiler durchbrechen die Routine der Disticha, „Störung“ und „Einspruch“ werden als systemimmanente Setzung konkret.
Mit „GRATE“ spitzt „.aufzeichnensysteme“ das in ihrem Buch „IM GRÜNEN“ entwickelte Modell der Decollage weiter zu, nicht zuletzt als überzeugende Großmetapher für ebenso brisante wie diskrete Prozesse, die unsere sozialen und ökonomischen Umgebungen prägen.
Nichts ist willkürlich an diesen Wortkompositionen, auch wenn nicht unbedingt immer ein sofort nachvollziehbarer inhaltlicher Zusammenhang aufscheint, wenn offensichtlich gar mitunter innere Sprünge vorhanden sind.(…) Der ganze Text eignet sich als eine Art Libretto für jenes von der Konzeptkünstlerin angestrebte transmediale Moment, könnte zumindest in der Theorie grafisch, filmisch, performativ oder gar plastisch umgesetzt und auf digitalem Weg verbreitet werden. Deshalb das Buch. Mit irgendwas müssen die .aufzeichnensysteme ja schließlich anfangen.
(Marcus Neuert, Literaturhaus Wien, Buchmagazin)
Rezensionen:
Literaturhaus Wien von Marcus Neuert
BöS von Günter Vallaster / edition ch
KOLIK Literaturzeitschrift von Herbert J. Wimmer