Karl Iro Goldblat
Als ich von Otto Muehl geheilt werden wollte
ISBN: 978-3-85415-584-3204 Seiten, Hartband, erschienen 2018
Die vom Maler und Aktionisten Otto Muehl 1970 gegründete Kommune auf dem Friedrichshof (60 Km südöstlich von Wien) war eines der radikalsten gesellschaftlichen und künstlerischen Experimente, die es in Österreich je gab: Freie Sexualität, Gemeinschaftseigentum, Förderung der Kreativität, gemeinsame Kindererziehung usw. Auf dem Höhepunkt der auch ökonomisch erfolgreichen Bewegung nahmen 700 Menschen daran teil – mit Ablegern in Berlin, Düsseldorf, München, Zürich, Paris und La Gomera.
Karl Iro Goldblat war als bildender Künstler und Pädagoge von Anfang an und bis zum bitteren Ende mit dabei, er gehörte zum engeren Kreis um Otto Muehl und hatte wichtige Funktionen in der Kommune inne, die von Josef Beuys bis Bruno Kreisky zahlreiche prominente Unterstützer fand. Goldblat beschreibt das Scheitern der Bewegung aus der Sicht eines Beteiligten und, als Jude und Homosexueller, doppelten Außenseiters. Seine Darstellung ist spannende Erzählung und schonungslose Selbsterforschung in einem. Er versucht nicht nur die Verführungskraft der Kommune zu begreifen, sondern, und vor allem, die Mechanismen zu beschreiben, die zu ihrem grauenhaften Scheitern führten. Ein subtiles Lehrstück.
„Wie konnte aus einer Jugendbewegung Anfang der Siebzigerjahre ein absolutistischer Hofstaat entstehen, in dem sich hunderte Menschen wie ein Chor einem Dirigenten unterwarfen und den eigenen Willen der Vision ihres Meisters opferten?“, fragt sich der bildende Künstler Karl Iro Goldblat in seinem soeben erschienenen Buch, in dem er seine persönlichen Erfahrungen detailreich beschreibt, immer auf der Suche nach rationalen Erklärungen von sozialen Dynamiken, die ihm heute sehr irrational erscheinen. Goldblat skizziert die Flucht vor sich selbst, die er als Zwanzigjähriger in der Kommune angetreten ist. (Ö1 Punkt eins, Andreas Obrecht, 4.1.2019)