Wolfgang Koelbl
Architektur-Innereien – Über Innovation, Pornografisierung und renitente Amateure
ISBN: 978-3-85415-344-3160 Seiten, brosch., neuwertig, erschienen 2003
Innovation in der Architektur.
Wer will sie? Wie entsteht sie? Wer bedroht sie? Wem ist sie egal?
Ein vergleichender Diskurs zwischen zeitgenössischer Architektur und zeitgenössischer Pornografie bringt Antwort auf diese Frage. Und das alles ohne das Wort Struktur.
Aus dem Inhalt: „Architektur per se ist nichts. Architektur ist die Summe all jener Forderungen, die an sie herangetragen werden. Die Forderungen sind dabei höchst unterschiedlich, genauso wie die Motive der Akteure, nur Ausreden gibt es keine. Wer progressives Denken will, deklariert sich, indem er es in die Architektur hineinfordert; wer reaktionäres Denken will, deklariert sich ebenfalls, indem er es in sie hineinfordert; und wer stolz auf die metaphysische Wesenhaftigkeit seines Entwurfes ist, deklariert sich erst recht, denn er hat dies offensichtlich als Primäranlagen selbst hineingeschummelt. Das Vermögen der Akteure, ihre jeweiligen Forderungen selbst durchzusetzen und dem Gegenüber oder Dritten aufzuzwingen, ist abermals höchst unterschiedlich und gerade deshalb gilt: Architektur kann gar nicht gegeben sein, sondern die, die sie betreiben, halten sie in der Hand, in allem was sie ist.
Raus aus der Erfahrung, raus aus der Erziehung, raus aus den umherfahrenden und umherziehenden Gerechtigkeitsgesellschaften im Namen der Architektur. Wenn das Gelingen zur Doktrin wird, wenn Architekturarbeit zur reinen Architekturdiplomatie verkommt, wenn der Stil bereits der Inhalt sein soll – was ja die Geheimdefinition für Diplomatie ist. Die Architektur ist überschwanger an guten und schönen Absichten und Ansichten. Alle stilsicher und alle gut erzogen – so sehr, daß einem ohnehin nur die radikale Umkehr bleibt. Solange die Selbst-Bürokratisierung der Architektur-Disziplin über diese Erziehungs-Routinen erfolgt, müssen ab jetzt die Unerzogenen die Disziplin entwerfen. Nicht umerziehen, nicht anders erziehen, nicht ausscheren sondern brechen; die absichtliche Nicht-Kontinuität mit dem was ist – schlichtweg unerzogen sein. Das ist Kalkül.“
(Wolfgang Koelbl)