Reinhold Aumaier
Augenausfischerei
ISBN: 978-3-85415-357-396 Seiten, brosch., neuwertig, erschienen 2004
„Das Schlimmste beim Anblick von Gartenzwergen ist es, mitzubekommen, wie egal ihnen der Schmerz des Betrachters ist.“
Im feinen Unterschied zur Augenauswischerei handelt es sich bei der Augenausfischerei nicht um vorsätzliche Vortäuschung, da der Leser von vornherein nach Do-it-yourself-Manier seinen eigenen Roman basteln kann. Der Autor ist als Filter eher ein Mittel zum Zweck, nämlich dem freischaffenden Leser der Geschichte das Disparate des Weltgeschehens vor die Augenangeln zu legen: Jeder Satz ist eine eigene Welt, transportiert eine eigene Nachricht. Jeder Leser fischt sich sein Geflecht des Weltgeschehens aus dem Text. „Gib mir ein Lesezeichen, und ich sage dir, was du liest.“
„Frisch zeckenschutzgeimpft, so stand sie vor ihm. Endlich Migränewetter, hauchte der Quälgeist in eigener Sache und griff sich erleichtert an den Kopf. Manchmal fühlte sie sich wie ein Echo, das sich mehr um seinen eigenen Ruf kümmern sollte. Ist es Zufall, dass vor 2000 Jahren die Römer und heute die Amerikaner die Welt beherrschen? Ich kack noch schnell, Mami, okay?! Da haben Sie den Salat, sagte der Kellner kühl zum Gast.“
Dem Buch ist nicht von ungefähr ein Motto des Komponisten Wolfgang Rihm vorangestellt: „Im Grunde erzeugt jedes Stück eine eigene Form, eine, die nur ihm gehört.“ Und jeder liest sich, so der Autor Reinhold Aumaier demokratisch, bei gleichem Text seinen eigenen Roman.
… Und diese Sätze sind witzig, jeder für sich genommen ein kleines Vergnügen, das durch den nächsten nie fortgesetzt, sondern zur Seite geschoben wird. Unentwegt oszilliert der Sinnkompaß des Lesers zwischen Kalauern und aphoristischen Tiefsinn: „Der Sensenmann bringt allen etwas“, „Erlebnisraum Mutterleib“, „Lebe drei – bereue zwei – Ihr Reinkarnationsinstitut“ … (W. Schmidt-Dengler, in: „Der Standard“, 21.8.04)
… Sehr interessant diese „cut-up-Methode“, die Du verwendest, und so viel Ironie steckt in dem Text, ich beglückwünsche Dich, wünsche Dir viele gegeisterte Leser (Friederike Mayröcker)