Jörg Piringer
datenpoesie
ISBN: 978-3-85415-583-6288 Seiten, brosch., erschienen 2018
Jörg Piringer versteht die Produktion von Computerliteratur als künstlerische Forschung und explorative Programmierung, die den subjektiven Aspekt und den persönlichen Erkenntnisgewinn betonen. Beispiele seines umfangreichen digitalliterarischen Werks legt der Autor, soweit dieses gedruckt dargestellt werden kann, nun erstmals in Buchform gesammelt vor. Piringers Arbeiten, die in der Regel das Schreiben oder Umformen eines Computer-Programms und das Befüllen von diesem mit geeignetem Textmaterial umfasst, sind von konzeptioneller Raffinesse und einem „coolen“ Humor geprägt. Ihre Herstellungsart ist der ludischen Poesie verpflichtet: eine in 82 Sprachen maschinenübersetzte Transformation des Gedichts „Das Abendlied“ von Matthias Claudius oder ein Generator für Märchentexte, deren Narrationsfortschritt nach Wahrscheinlichkeiten aufeinander folgender Wörter gesteuert wird, setzen auf den Zufall als produktionsästhetisches Kalkül. Ein solcher Ansatz stellt zum einen den Schematismus genregerechten Schreibens bloß und dient andererseits als Motor für verblüffende Wort- und Satzkombinationen, die auf dem Weg „intuitiven Dichtens“ kaum herstellbar wären. Die maschinengenerierte verbale Beschreibung real ablaufender Handlungen und künstliche neuronale Netzwerke, denen Zitatmaterial „antrainiert“ wird, verweisen auf KI-Anwendungen, die in naher Zukunft unsere technische und soziale Wirklichkeit prägen werden. Es sind gerade die individuellen und gesellschaftlichen Implikationen von sprachzentrierten Computertools, die der Autor in seinen kreativen Versuchsanordnungen in Augenschein nimmt. Jörg Piringers „datenpoesie“ unterstreicht die Dringlichkeit einer kritisch-kreativen Auseinandersetzung mit Oberflächen und Quellcodes heutiger und kommender Umgebungen.
Die digitale Literatur der Gegenwart stellt sich gegen solche Versuche, unserer Wirklichkeit nur auszuweichen. Statt die Furcht vor den Algorithmen zu predigen, macht sie deren Machart transparent.
Der österreichische Codepoet Jörg Piringer sieht darin eine geradezu emanzipatorische Aufgabe: «die poetinnen der kommenden jahre werden nicht zusehen und konzernen die hoheit über die sprachalgorithmen überlassen.» Stattdessen, so Piringer, werden sie «datenpoesie erstellen», das heisst: eine «poesie aus den letzten geheimnissen der beobachtbaren welt». (Hannes Bajohr, NZZ, 27.2.2018)
Jörg Piringers Lexikon der „Datenpoesie“ ist ein faszinierendes Werk, das völlig neue Lese-Felder erschließt. (Helmuth Schönauer, 22.11.2018)