Gundi Feyrer
DIE FREMDE
ISBN: 978-3-85415-324-5248 Seiten, erschienen 2002
Für Gundi Feyrer ist das Fremdsein als Programm und Vorsatz der literarischen Passion, die Erkundung des Sehens voranzutreiben:
… Das Abhauen, ohne zurückkehren zu wollen, ist eine Lebensform, ein Beruf. Dabei ist es gleich, ob man es einmal oder öfter tut, oder ob man nur im eigenen Kopf und ohne Hut sein eigener Fremder und der Fremde allen Bekannten ist, in dem man fremdgeht und fremddenkt. Die Leidenschaft des Abhauers ist sein Beruf, ist abhauen, ist immer wieder Stücke vom Baum seines bisherigen Lebens und Denkens mit dem Beil des Fremdgehens und Fremddenkens abzuhauen, sodaß sich das Vorige drehen und an unbekannten Stellen neue Köpfe, Bilder und Gedanken heraustreiben kann …
… Auf den Wegen der in Paris Blickenden beginnt ein Schwung zu schwingen, die Tätigkeit des Blickens springt von einem zum ganz anderen, ein angeschlagener Ton versetzt die Luft und ein ganzer Raum zittert. Und oft wird auch gerufen, sodaß Blicke Brücken und Saltos schlagen. In Madrid ist das Blicken stumm.
Auch gibt es in Paris mehr Allein-und-an-den-Rändern-Stehende, die mit ihrer Suche nach der Chance, der Möglichkeit, nicht weiter allein dazustehen, eine ganze Menge befeuern und so auch die Entzündungstemperatur für das Abschießen eines Blickes senken.
In Rom scheint das Blicken wie ein Sport wie das Angeln: an jedem Blick hängt ein Köder mit Gewicht und oft beeilt man sich, den Mund nicht zu öffnen, bevor man am Weitergehen gehindert wird. …
Sinn-Zündeln E viel und mehr: Sinn tanzen lassen, die Gewänder der Sinne tanzen lassen und überborden im Sinnstiften, damit überbordend überbordende Sinn-Verwirrung stattfinden kann, um später, nach all diesen Sinn- und Sinnes-Orgien, mit freierem Kopf und Auge aufzuwachen. …