Durch neun Epochenkreise – von der morgigen Gegenwart bis
zurück in die Welt der Mythen – lässt Felix Philipp Ingold seine
Icherzähler und -erzählerinnen eine kleine Mittelmeerinsel erkunden,
die vermeintlich keine Geschichte hat, die eine solche aber
grade dadurch gewinnt, dass immer wieder jemand anderes sie
berichtet. Unter wechselnden Namen wird die Insel zum Schauplatz
– zu einer Art Welttheater – für wechselnde tragikomische
Episoden in wechselnder Besetzung. Fiktive und reale Mitspieler
kommen gleichermaßen zu Wort als Zeitzeugen, die ihre Zeit weniger
bezeugen, als dass sie sie erzeugen, sie also beim Reden oder
Schreiben überhaupt erst hervorbringen. Ein Oligarch, ein Filmemacher,
ein Literat, eine Sekretärin, eine Malerin, ein Bildungsreisender,
ein Wandermönch, eine Wunschfrau bringen „Leben“ auf
die Insel und – bezahlen es mit dem Tod.
Unmerkliche Verrückungen und Verschiebungen, die der Autor
an scheinbar realistischen Settings vornimmt, lassen uns umso
aufmerksamer werden für die Konstruiertheit jeglichen Berichts
und machen solcher Art die Durchlässigkeit der Grenzen zwischen
Fakt und Fiktion nachempfindbar. Felix Philipp Ingolds „Neun
Episoden“ verheißen Entdeckerfreuden in dem durchaus noch nicht
restlos erforschten Archipel zeitgemäßer Erzählmöglichkeiten.
Felix Philipp Ingold
* 1942 in Basel (CH), Schweizer Schriftsteller, Publizist, Übersetzer und Herausgeber. Er ist emeritierter Ordinarius für Kultur- und Sozialgeschichte Russlands an der Universität St. Gallen (CH).
Ab 1961 studierte Felix Philipp Ingold Geschichte, Kunstgeschichte, Philosophie und Theologie der Ostkirche an der Universität Basel, 1968 zum Dr. Phil. promoviert.
Er war externer Mitarbeiter beim Schweizer Radio im Kulturstudio Basel und schrieb für die Baseler Nachrichten und die National-Zeitung.
Seit 1968 zahlreiche Auslandsaufenthalte als Reporter und Korrespondent, 1 1/2 Jahre war Ingold Mitarbeiter der Schweizer Botschaft in Moskau, Presseattaché und Übersetzer.
Externer Kulturkorrespondent für zahlreiche Zeitungen in der Schweiz, Deutschland und Österreich.
Seit 1971 war Ingold als ausserordentlicher Professor, ab 1978 bis zur Emeritierung 2005 als ordentlicher Professor für Kultur- und Sozialgeschichte Russlands an der Universität St. Gallen tätig und lehrte als Dozent an der ETH Zürich.