Felix Philipp Ingold
Fortschrift. Ein Gedicht in fünfzehn Würfen
ISBN: 978-3-85415-548-580 Seiten, brosch., erschienen 2016,
mit einem Nachwort von Magnus Wieland
Stéphane Mallarmés Gedicht „Un coup de dés jamais n’ abolira le hasard“ aus dem Jahr 1897 gilt als einer der Haupttexte der Moderne. Dessen hervorstechende typographische Gestaltung, die unter Verwendung verschiedener Schriftarten, -größen und -schnitte Text auf eine bis dahin nicht gekannte Weise am Papier positioniert, rückte erstmals konsequent die Bildqualitäten des gedruckten Wortes ins Zentrum der Betrachtung. Inspiriert von solch konstellativer Präsentationsweise machte sich Felix Philipp Ingold an eine frei improvisierende Nachdichtung des französischen „Würfelwurfs“ und an dessen Fortschreibung in deutscher Sprache. Sein in 15 Abschnitte gegliedertes Langgedicht, das reich ist an gedanklichen und motivlichen Allusionen, setzt einen expansiven Rezeptionsprozess in Gang. Die semantische Offenheit von Mallarmés Sprachkunstwerk im Ohr spielt Ingold virtuos Wort- und Satzmaterial aus, das Prozesse der Sprachverarbeitung und poetischer Sinnkonstruktion widerspiegelt. „Fortschrift“ ist ein Palimpsest, das die Bedingungen seiner eigenen Sinnentfaltung, aber auch Fragen von Originalität und künstlerischer Nachahmung unmittelbar im dichterischen Vollzug reflektiert. Ein irisierendes Sprachkunstwerk eines Autors, der mit einem vielfach bearbeiteten Monument der Moderne höchst Originelles anzufangen weiß.
In seinem neuen und, ich sage es gleich, wunderbaren Gedichtband „Fortschrift„, einem „Gedicht in fünfzehn Würfen“, gelingt Felix Philipp Ingold eine wunderbare Schwebe zwischen dem, was ihm nicht als Sinn sich konstituiert, sondern in Form und Wort zufällt, was er aber kohärent ordnet; wobei das Zufallen das Material wie das Prinzip betreffend Mallarmé meint. (…) Sperrig, aber zugleich notwendig und schwebend beginnt sich so alles zu entfalten: Wortmagie, doch aufgeklärte; wer sich den Band nicht ansieht, dem wird womöglich Entscheidendes „nicht zufallen“.
(Martin A. Hainz, „Fixpoetry“, Mai/2017, https://www.fixpoetry.com/feuilleton/kritiken/felix-philipp-ingold/fortschrift-ein-gedicht-in-fuenfzehn-wuerfen
Der Sinn? «Der Sinn steht immer nicht fest. Ist das, was wird.» Er ist mitunter das, was beim Lesen hinzugefügt werden kann. Die beiden Sätze finden sich (…) in dem Band «Fortschrift», im Untertitel: «Ein Gedicht in fünfzehn Würfen». Das typografisch sehr sorgfältig gestaltete Buch ist eine Art Aneignung oder Überschreibung von Mallarmés spätem Gedicht «Un coup de dés jamais n’abolira le hasard» aus dem Jahr 1897. Ingold improvisiert und schreibt weiter und fort, Mallarmé entlang und über diesen hinaus, wobei die unterschiedlichen Schriftarten und Schriftgrössen den Akzent auf das Visuelle legen und auf das Bildhafte des Grossgedichtes verweisen. Ein grosser Wurf, und ein vergnüglicher dazu.
(Martin Zingg, „Neue Zürcher Zeitung“, 21. 7. 2017)