Gerhard Jaschke
Geliehene Leben. Nachsätze
ISBN: 978-3-85415-614-7152 Seiten, brosch., erschienen 2020
Gerhard Jaschkes „Geliehene Leben“ versammeln Beobachtungen und Betrachtungen eines Ichs, dem angesichts des körperlichen Verfalls obsessives Notieren von Einfällen und Vorgefundenem sowie die tägliche sprachakrobatische Praxis am Weiter-Leben halten. In der Rückschau blitzen vertane Lebenschancen auf, Gegenwart offenbart Niederschläge durch bürokratische oder bauliche Barrieren, Missstände in der Krankenversorgung, Ignoranz allerorten, ausbleibende Anerkennung künstlerischer Leistung zumal. Solcher Fülle an Deprimation begegnet der Autor mit einer Extra-Dosis an Esprit, hintergründigem Klamauk und Selbstironie. Dass auf jeden Satz ein weiterer folgt, jedem Wort ein nächstes entspringt, mildert die Resignation, die Alogik spontaner Dichtung entpuppt sich als Pharmakon gegen das Unvermeidbare, wie auch das anagrammatische Festhalten der Buchstaben Verschwinden und Verlust abzuwehren versucht. Vor allem aber ist es Gerhard Jaschkes grenzenlose Begeisterung für das Eigenständige und Innovative in Kunst und Literatur, das ihm und seinen LeserInnen Glücks-Moment beschert, und nicht zuletzt sprudeln „Geliehene Leben“ als inspirierende Quelle zur Erinnerung an die Vielfalt und das Lebensgefühl der Neo-Avantgarden seit den 1970ern, zu deren Vermittlung der Autor und Herausgeber Gerhard Jaschke Wesentliches beigetragen hat.
…aber so etwas hat es in der alpenländischen Literatur noch nicht gegeben: dass sich ein Schriftsteller im 72. Lebensjahr von seinen Leser*innen mit einem grotesken Zerrbild seiner Selbst verabschiedet, einer bitteren Parodie auf die Nöte des alternden Mannes im Bildungsmilieu, nein, eine so bittere Wahrheit kennt die Meckerliteratur zwischen Boden- und Neusiedlersee bisher noch nicht (Wolfgang Koch, taz blogs).
https://blogs.taz.de/wienblog/2021/01/23/hansiburli-fliederbusch-springt-aus-dieser-welt-teil-1-2/
https://blogs.taz.de/wienblog/2021/01/28/hansiburli-fliederbusch-springt-aus-dieser-welt-teil-2-2/
…vor allem aber ist es Gerhard Jaschkes grenzenlose Begeisterung für das Eigenständige und Innovative in der Kunst und Literatur, das ihm und seinen Lesern Glücks-Momente beschert. Nicht zuletzt sprudeln die “Geliehene[n] Leben” als inspirierende Quelle zur Erinnerung an die Vielfalt und das Lebensgefühl der “Neo-Avantgarden” seit den Siebzigerjahren des vorigen Jahrhunderts, zu deren Vermittlung der Autor und Herausgeber Gerhard Jaschke Wesentliches beigetragen hat. Er war, wie man aus der Kürzestvita im Buch erfährt, und als interessierter Zeitzeuge beziehungsweise -genosse ohnehin weiß, Herausgeber der feinen Zeitschrift “Freibord” und fast ein Vierteljahrhundert Dozent für Literaturgeschichte an der Akademie der bildenden Künste Wien. Er selbst formuliert es so: “Ich und Witwer, zu 80% behindert, Pensionist – und war doch erst gestern Schüler, Student, Literat, Zeitschriftenherausgeber, Rundfunkmitarbeiter, Lehrbeauftragter und was weiß ich noch alles. Wie viele Ichs verträgt eigentlich so ein ICH?” (S. 7) Und die letzte ist bei multiplen Talenten tatsächlich die entscheidende Frage. (Janko Ferk, Literaturhaus Wien)
Leider ohne Publikum, aber als Film fast abendfüllend dokumentiert:
Gerhard Jaschke in der Alten Schmiede in Wien,
Begrüßung: Johanna Öttl, Moderation: Markus Köhle
https://www.youtube.com/watch?v=-4hprikssIk