Andreas Okopenko
GESAMMELTE AUFSÄTZE II
ISBN: 978-3-85415-292-7224 Seiten, brosch., erschienen 2001
und andere Meinungsausbrüche aus fünf Jahrzehnten, Band 2
Der zweite Band der „Gesammelten Aufsätze“ dokumentiert – unter dem Stichwort „Konfrontationen“ – Beispiele von Andreas Okopenkos pointiert-engagierter Auseinandersetzung mit der Gesellschaft („1968“; Feminismus u.a.) und dem tagespolitischen (Nicht)Geschehen in Österreich („Rauschangriff und Lasterfahndung“; „Schengen und Hängen“; „Kindesgebrauch?“; „Textvorschlag für das Volksbegehren 2000“; „Grußbotschaft zum Hiroshima-Tag“ u.a.). Über das „Österreichische“ hinaus finden sich hier auch – neben Kürzestgeschichten und Mini-Aphorismen – seine wichtigen literaturtheoretischen Aufsätze über „Fluidum“ und „Konkretionismus“ (erstmals in ungekürzter Form).
Ich Dreizehnjähriger bastelte Feuerwerkskörper in allen Farben. Raketenautos aus Munition. Hörte von anderen Kindern, wie sie ein dickes gläsernes Tintenfaß mit Schießpulver füllten und in der Erde mit einer Taschenlampe zündeten. Wolfi kostete es das Aug. Ich lernte mit vierzehn Bombenfeuer auspatschen, Phosphor abkratzen, sprühendes Thermit auf der Schaufel in den Sandkasten tragen. Ich kannte mit fünfzehn die Herstellung von Dynamit und dem Knallquecksilber, mit dem man es zündet. Sogar die Sicherheitsvorkehrungen kannte ich, und das war es eben: Darum kann ich mir bis heute die Explosion nicht vorstellen. Obwohl ich dann jahrelang Chemiker war. Ich wußte die Gesetze und Formeln, sah Wochenschauen mit Minen und Pilzen, hetzte für den Frieden, mit den Verlustziffern von Dresden und Korea, fernglotzte den knalligen Start der Mondraketen, werde noch selbst im Pilz sitzen E und werde mir immer noch nicht die Explosion vorstellen können.
(A. Okopenko, aus: Explosion)