Günter Eichberger
HALBER FLÜGEL – GEMISCHTER SATZ
ISBN: 978-3-85415-462-4120 Seiten, brosch., erschienen 2010
Ein Prosaband aus Bekenntnissen und Selbstbezichtigungen: beginnend mit einer Festrede auf Österreich, deren Redner durch einen Fettklumpen im Hals zunehmend behindert wird, bis zum Plädoyer eines Mörders, der die Schlachtung von Frau und Tochter mit einer Axt als Manifestation seiner Männlichkeit verstanden wissen will. Eichbergers Satire nimmt den Aberwitz heutiger Wirklichkeit beim Wort.
Dazwischen kreisen die Erzählungen um das Thema der Architektur; in phantasmagorischer Form werden Architekten wie Gottfried Semper oder Rem Koolhaas als monologisierende Einzelgänger vorgestellt, deren Ausführungen bedeutende Übereinstimmungen in der Begrifflichkeit von Bau- und Sprachkunst offenbaren: Nicht zuletzt gemahnt die im Buch zitierte Theorie von Gordon Matta-Clarks Abrisskunst an zentrale Positionen von Eichbergers Poetik zwischen Dekonstruktion und anarchischer Befreiung.
Um die Erzählungen sind Einfälle verstreut: einzelne, abgetrennte Sätze, einzeilige Gedichte, die für sich stehen, in Summe doch eine Art Bewusstseinsporträt ergeben. Es handelt sich dabei um keine Aphorismen im klassischen Sinn, um keine Lehrsätze, Sinnsprüche oder Lebensweisheiten. Schon eher sind es Unsinnssprüche, die hier als spielerische Gegenstrategie zum Bedeutungswucher der Sinnsucher aufgefahren werden.
Und dennoch versucht da eine Stimme immer wieder, das Wenige an Erkenntnis, zu dem man im Lauf von Jahren, Jahrzehnten zu gelangen vermag, zu formulieren – das alles freilich im Bewusstsein der Vergeblichkeit dieses Unterfangens.
Zwischen den Essays finden sich dann aber noch Dutzende Aphorismen à la „Ein Gedicht ist etwas auf das man sich keinen Reim machen kann“. Klüger machen diese Kürzesttexte nur sehr bedingt. Aber sie zeugen von Eichbergers Riesenlust am Sprachexperiment, einer Lust, an der man durchaus Gefallen finden kann.
(Herwig G. Höller, in: „Falter“ 42/10, vom 20.10.10)
Einstmals, als Graz daran ging, sich in eine unheimliche Literaturhauptstadt zu verwandeln, hatte er maßgeblichen Anteil daran. Denn Günter Eichberger, einer der ganz großen Sprachartisten dieses Landes, liebt es, seine Leserschaft zu verstören. Durch satirische Übertreibungskünste ebenso wie durch Polemiken. … Eine erneute Sinnsuche, auf dem Umweg über den Unsinn. Typisch Eichberger, also einzigartig.
(Werner Krause, in: „Kleine Zeitung“, vom 2. 2. 11)