Eberhard Häfner
Igelit
ISBN: 978-3-85415-150-0100 Seiten, brosch., neuwertig, erschienen 1995
Aus den Schuhen der Kindheit sind wir rausgewachsen. Wir haben sie ausgezogen, auf den Dachboden der Geschichte geschmissen und in den letzten Winkel der Erinnerung verbannt. Und doch muß jede einzelne Geschichte mit den eigenen Kinderschuhen anfangen. Und konsequenterweise ist auch Eberhard Häfner noch einmal in seine IGELIT-Patschen geschlüpft, in diese gelblichen und abenteuerlichen Kunststoffschuhe, die aus dem Gedächtnis verdrängt wurden, noch ehe sie überhaupt Eingang in unsere Wörterbücher finden konnten. Testbild Europa. Die Wendezeit! Vom pleistozänen Gesteinsschutt des Diluviums direkt zu unserem Urstromtal rüber. Spuren der Gewalt. Verschleppungen von Vokalen und Konsonanten, ein eisiges Räuber-und-Gendarm-Spiel im Konzert der Völkerweisen, gletscherdings ein Sprachmixer von Blut & Brot, von Multur & Hoden. Lauthals Verschiebungen von Asylanten und Wendehälsen. Die paradiesische Vertreibungsgeschichte von Klapsdame und Klapsmühle. Wir Europäer! Der Sprachraum ist geographisch so weit man die Leichen verscharren wird.
„Ich wurde gezeugt im Siegestaumel des Rußlandfeldzugs. Mein Vater ein General, meine Mutter eine Hure. Die Spuren dieser Obskurität sind noch heute an mir zu bemerken. Schulbildung keine. Lebte bis jetzt von der Jagd und bin bis dato der Weiber Feind. Alles, was ich bisher geschrieben hab’, das gab mir Gott im Schlaf. Manchmal hab’ ich gekupfert. Doch ich eigne mich mehr zu einem Messerstecher.“ (Eberhard Häfner)