Ronald Pohl
Kind aus Blau. Roman der Rückbildung. Ein Miles-Davis-Brevier
ISBN: 978-3-85415-556-0112 Seiten, brosch., erschienen 2017
„Kind aus Blau“ nimmt sich das transitorische Genie der neueren Jazz- und Musikgeschichte zum Vorwurf einer tendenziell unabschließbaren Erzählbewegung und erkundet Biographie im semantisch-idiomatischen Rücklauf. Tonlagen und Kontexte wechseln im Sekundentakt, nur die Stimmung ist durchgehend unverkennbar „blau“. Miles ist Davis; vor allem aber dasjenige, was die Sprache dieses Romans aus ihm macht. Ausgelotet werden die Skalen und Schwingungskurven eines immer schon prekären Sinns.
Mit „Kind aus Blau“ setzt Ronald Pohl bislang ungehörte sprachmusikalische Akzente: Lexikalische Verrückungen und verblüffende, aus Redewendungen heraus entwickelte Bilder gemahnen an Ausführungen musikalischer Improvisation. Material aus der afroamerikanischen Historie, aus dem Jazz und aus Davis’ Leben fusioniert dieser Art zu einem Sprachkörper, der die Eigenwelten des Inkommensurablen in allen ihren Facetten auszustrahlen vermag.
(…) wird dieses Buch zu einem faszinierenden Kaleidoskop sprachlicher Akrobatik. Aus „Kind of Blue“ macht Pohl „Kind aus Blau“ und steigt damit ein in eine bild- und farbenreiche Sprache, die faszinierend wie überraschend gleichermaßen in das Leben von Miles Davis und ganz besonders in „Kind of Blue“ eintaucht. Pohl gelingt es auf eine überraschende Art und Weise, musikalische Bauprinzipien in sprachliche Formen zu gießen, musikalische Prozesse, musikalische Syntax in ein anderes künstlerisches Medium, das der Literatur, zu übersetzen, indem er sprachliche Semantik aufbricht, standardisierte Floskeln, Sprichworte, Zitate variiert, verändert, in neue Bezüge setzt, Worte aus einer Sprache in die andere übersetzt, ebenso, wie es Miles Davis in seiner Musik getan hat, wie es im Jazz mit Jazz Standards passiert.
(Eva Maria Stöckler, www.literaturhaus.at/index.php)