Jan Christ
KLEIST FIKTIONAL – 84 Treibsätze
ISBN: 978-3-85415-254-5104 Seiten, brosch., erschienen 1999
Natürlich geht es mir nicht darum … ein Bild vom authentischen Kleist zu geben, das mit all den vergleichbaren Versuchen konkurrieren soll. „Kleist“ wird in meinen Texten immer imaginärer; es ist der Gewinn einer neuen Person, die nicht nur selbständig agiert, sondern in eine große Passivität gerät, auf die es mir vor allem ankommt, diese Passivität kann nicht näher beschrieben werden, in einem solchen Versuch würde ich mich um die Energien bringen, die mich überhaupt zum Schreiben dieses Projektes befähigen. Der Begriff „Projekt“ ist durch die PROJEKTION zu erweitern, es ist im Schreiben eine Projizierung gelungen vom Schreibenden auf eine Figur, die ich „Kleist“ nenne … (Jan Christ, Aus den Notizen zum KLEIST-PROJEKT)
In seinen 84 „Treibsätzen“ stellt uns Jan Christ erfundene Kleistsituationen vor, die um ganz verschiedene szenische Kreise organisiert sind (Königskreis; Kriegs- und Schlachtkreis; Frauenkreis; Todeskreis u. a.) und – Stück für Stück – die Kleistsche Lebensspirale als eine gesteigerte Erzeugung immer neuer Vertracktheiten entwerfen, bis zu einem Ende, das selber wiederum vertrackt bleiben muß.
Bei Kleist ist der Ausnahmezustand der Normalfall, so Christ, und die Anekdote erweist sich als schlechthin ideale „Vertracktheitsform“, um die Unmöglichkeit der Existenz des Dichters zu demonstrieren.
KLEIST, eine Mechanik erfunden und sie einem Berliner Konsortium vorstellend, das befand, über dieselbe kein Urteil zu haben, da nicht eindeutig sei, ob es sich um eine „physikalische“ oder um eine „poetische“ Maschine handle; die Angelegenheit endlich von der Akademie der Wissenschaften entschieden werden mußte, die zu dem Ergebnis kam: falls man von ihrer Anwendbarkeit absehe, die Kleistsche Mechanik sowohl eine physikalische wie eine poetische sei, und Kleist mit diesem Urteil zufrieden schien.