Ich weiß nicht, ob sie wissen, dass ich es wirklich gut mit ihnen meine, die Leute der Feistritz. Das ist ein entlegenes Tal, es heißt Die Feistritz, weil es nicht das Tal oder das Dorf ist, sondern eine Gegend, und die Bauernhäuser sind weit auseinander in die Erdfalten gedrückt oder an die steilen Wiesenhänge geklebt. Die Leute sind vorsichtig und verschwiegen. Wenn man am Lande lebt, merkt man, dass hier jeder Besuch eine viel nachhaltigere Wirkung hat als in der Stadt, jedes Wort hat mehr Gewicht, und man muss es überlegen. Die Höfe sind weit verstreut, und man geht sorgsam miteinander um, politisiert wird nicht, der Himmel macht die Politik mit zu viel Regen oder zu viel Sonne. Den Bauern wurde eingeredet, dass sie Landschaftspfleger sein sollen. Sie sind aber zu nahe an der Natur, um zu sehen wie diese so langsam verschwindet. Da hilft nicht der Trachtenjanker und das Dirndl, der Gesangsverein singt keine Totenlieder für die Käuzlein und Wiesel und die Jäger schaun nur zu wie die Fallensteller das Kleinwild ausrotten. Die Naturschützer kümmern sich nur um die Tiger in Afrika und nicht um die Dachse oder Bussarde, die nicht mal Mäuse erspähen können am Feld, weil die niedergewalzt würden. (Totenstille, es kräht kein Hahn, weil er eingesperrt ist). Die Landschaft ist schön und weiß von nichts, und die Leute in der Stadt wissen nicht, dass die Leute am Land von nichts wissen, aber die Landschaft ist schön und heiter. (Maria Lassnig über die Leute in der Feistritz)
Maria Lassnig
* 1919 in Kappel am Krappfeld, Kärnten (A), † 2014 in Wien, österreichische Malerin, Grafikerin und produziert Experimentalfilme.
Ausbildung zur Volksschullehrerin, 1940 bis 1941 unterrichtete sie in einer einklassigen Volksschule im Metnitztal, Kärnten.
1940 bis 1945 Studium der Malerei an der Akademie der bildenden Künste in Wien. Nach ihrem Abschluß lebt sie zunächst in Klagenfurt, dann in Wien.
1951 erhielt Maria Lassnig über das französische Kulturinstitut ein Stipendium, das ihr drei Reisen nach Paris ermöglichte,
Ab 1954 Fortsetzung des Studiums an der Akademie der bildenden Künste in Wien,
1961 Übersiedlung nach Paris, wo sie bis 1968 lebte,
1968 Auswanderung nach New York, USA.
Ab 1980 Professorin an der Hochschule für angewandte Kunst in Wien, sie unterrichtet eine Meisterklasse,
1988 Verleihung des großen österreichischen Staatspreises,
zahlreiche Einzelausstellungen und Ausstellungsbeteiligungen im In- und Ausland;
1982 und 1997 Teilnahme an der documenta 7 und X in Kassel.
Die Vorzugsausgabe besteht aus
dem Buch Maria Lassnig – Monografie,
in einer Holzkassette mit Leinenüberzug und Namensprägung,
sowie einer signierten Original-Radierung von Maria Lassnig,
Zertifikat, nummeriert, datiert, erschienen 1985, Auflage 15
Die Vorzugsausgabe wird nicht über den Buchhandel vertrieben,
bitte wenden Sie sich direkt an den Verlag.