Daniela Emminger
LEBEN FÜR ANFÄNGER
ISBN: 978-3-85415-360-3112 Seiten, brosch., erschienen 2004
Wenn man nach achtundzwanzig Jahren neben einem Teddybären aufwacht, den man tagsüber unter der Bettwäsche versteckt, sodass ihn keiner sehen kann, sodass er fast erstickt, wenn man noch immer nach dem Beipackzettel für das Leben sucht, weil ihn einem nie jemand gegeben hat, wenn man phasenweise auf einem Stuhl sitzt, drei, zwei, eins, Raketenstart, und darauf wartet, sich mit einem Puff zu entmaterialisieren, wenn man das Bedürfnis hat, seinen Kopf in eine ionische Säule zu stecken und dabei den Satz zu murmeln: „Manchmal verwechseln wir Liebe mit Sympathie und Leidenschaft, manchmal verwechseln wir Leidenschaft mit Sympathie und Liebe, manchmal verwechseln wir Sympathie mit Liebe und Leidenschaft…“
Ja, wenn es Ihnen mitunter ähnlich ergeht, dann sind Sie möglicherweise reif für die Lektüre von Leben für Anfänger, einer Betriebsanleitung für ein Leben, das sich einem nicht so einfach von selbst erklärt.
Weisheiten, die man ohne Löffel gefressen hat, so charakterisiert Daniela Emminger ihre verstrickten und vernetzten Beobachtungen, Gedanken und Wahrnehmungen und formuliert die teils autobiographischen, teils fiktionalen Inhalte – je nach Stimmung, Notwendigkeit und Situation – fordernd, exzessiv, sich wiederholend, fragmentartig angelegt, um den Sinn des Ganzen kreisend, stellenweise schleichend, wie Katzen um den heißen Brei, dann wieder präzise, knapp, mitten ins Herz. Still ist es oft, in einem drin, aber nicht lange, weil da wissen wir uns schon zu helfen, da drehen wir alles auf, was sich aufdrehen lässt: den Mixer und die Waschmaschine, … die Lichter, den Herzschrittmacher, den Handstaubsauger, die Vibratoren, den Ventilator und die Temperaturanzeige …
Wer einen Text sucht, der in jeder zweiten Formulierung einen Song evoziert, ist hier richtig. „Stirnfransen so lang, daß die ganze Welt verschwindet“: „Iß am Klo keine Schokolade“; und „Fakalien und Fragen gibt es wie Sand am Meer“ sind nur drei von unzähligen Zitaten, die auch in Songtexten brillieren würden. Eine geballte Ladung hochtalentierter, bislang unentdeckter, junger österreichischer Literatur.
(Mirjam Unger, in: Radio FM4, 16.1.2005)