Gertrude Stein
The Making of Americans, Geschichte vom Werdegang einer Familie
ISBN: 978-3-85415-071-81024 Seiten, Leinenband mit SU und Leinenkassette, numeriert,
erschienen 1989, Übersetzung von: Lilian Faschinger und Thomas Priebsch
ausgezeichnet mit dem Österr. Staatspreis für literarische Übersetzer 1990
The Making of Americans. Being a History of a Family ’s Progress
(amer.; Die Machart von Amerikanern. Eine Geschichte vom Fortgang einer Familie).
Dieser Roman von Gertrude Stein, entstand 1906-1911 und erschien 1925.
Das zweite Werk der Autorin (es wurde kurz nach den in der Tradition des Naturalismus stehenden Three Lives geschrieben) zeigt schon Ansätze jener radikalen Neuerungen in Sprache und Erzählweise, für die sie später berühmt wurde. Inhaltlich knüpft es – mit autobiographischem Hintergrund – an den großen Familienroman des 19. Jh.s an. Der erste Abschnitt des in vier Teile von jeweils mehreren hundert Seiten gegliederten Buches ist noch vergleichsweise herkömmlich erzählt; er berichtet von den Vorfahren jener vier Amerikaner einer bestimmten Generation, die in den folgenden Abschnitten Anlaß und Ausgangspunkt für die spezifisch neue Art der Beschreibung von Personen, deren Natur und Beziehung zueinander sind.
Die Sprache des Buches ist artifiziell und hochstilisiert, dabei aber im Wortschatz fast reduziert auf eine Art basic English, dem durch die endlosen Variationen und Wiederholungen von Sätzen und in sich zurücklaufenden Satzmustern alle lautlichen Reize und semantischen Möglichkeiten abgewonnen werden; die Einfachheit des Vokabulars muß als eine Reaktion gegen die Affektation, gegen den ästhetischen Charakter der Generation der Symbolisten gesehen werden (D.-H. Kahnweiler).
Dabei spielen insbesondere die Wiederholungen bestimmter Satzmuster und Aussagen nicht nur eine syntaktische und artistische Rolle, sondern stellen auch eine semantische und existentielle Kategorie des Werkes (Franz E. Walther) dar. Ich betrachte das Leben in Gelassenheit und Feierlichkeit, da ich sicher bin, daß alle menschlichen Typen sich in einer gewissen Zahl von Exemplaren wiederholen, heißt es an einer Stelle des Romans; die sich wiederholenden Charakterzüge, Gedankengänge und Schicksale sind, endlos dieselben und endlos verschieden, sind die von typischen Mittelstandsamerikanern, deren Durchschnittlichkeit und damit Repräsentativität die Erzählerin immer wieder betont. Der Roman, den die Autorin selbst als Epos bezeichnete und neben Joyces Ulysses und Prousts A la recherche du temps perdu für eines der drei wichtigsten Bücher des Jahrhunderts hielt, konnte wegen der verspäteten Publikation in der amerikanischen Ausgabe seine Wirkung nur indirekt entfalten. Einzig auf die frühen Werke Hemingways (der das Manuskript in die Maschine schrieb und mit Gertrude Stein Korrektur las) ist der Einfluß von The Making of Americans direkt nachweisbar.
Nach über 80 Jahren seit der Fertigstellung des Manuskripts, legt der Ritter Verlag die erste Übersetzung von The Making of Americans vor (1989).