Urs Lüthi
ISBN: 978-3-85415-122-7240 Seiten, 93 Farb- u. 65 S/W-Abb., Hartband/Leinen,
dt./engl., erschienen 1993,
mit Texten von Annelie Pohlen und Christoph Blase,
herausgegeben vom Bonner Kunstverein
Urs Lüthi (geb. 1947 in Luzern) ist in den siebziger Jahren vor allem durch die dandyhaften, narzißtischen Selbstinszenierungen in seinen SW-Photoserien bekannt geworden. Später tauschte er dann die strenge Ästhetik gegen thematische Farbphotosequenzen aus, in denen er respektlos und radikal mit dem Klischee des kleinbürgerlichen, „schönen“ und „gemütlichen“ Ambiente spielte. Lüthi posierte als Hauptakteur in stilisierten, meist komischen und absurden, mitunter aber auch tragischen Tableaus. Dabei ging es ihm nie um die einseitige Entblößung einer beschränkten Daseins- und Wahrnehmungswelt. Immer gelang ihm mit einem Augenzwinkern die Verbindung der Banalitäten des Allzumenschlichen mit erhabenen Sehnsüchten und Ansprüchen. Wie ein roter Faden zog sich die Aufsprengung der Ich-Identität am Beispiel der Geschlechterpolarität durch sein Werk „praktisch umgesetzt durch die transvestitenhafte Präsentation des eigenen Körpers. Die Photographie ist jedoch nicht das einzige Medium des schonungslosen Realisten zwischen Entertainment und überaus bewußter philosophisch-künstlerischer Reflexion geblieben. In den frühen achtziger Jahren entwickelt er die umfangreiche Werkgruppe der Gemälde, die einerseits geometrisch-ornamentalen Charakter, dann aber wieder ausgeprägt figurative Anklänge aufweisen. Mit Beginn dieses Jahrzehnts entsteht als Zeugnis einer zugleich stimmigen wie autarken Weiterentwicklung der künstlerischen Tätigkeit Lüthis die Serie der „Universalen Ordnung“.
„Eine Zeitlang sind Urs und ich fast jeden Tag rund um den Zürisee gefahren. Er ist jeden Tag bei denselben Anblicken in Begeisterung ausgebrochen. Die Bilder tauchten auf und verschwanden. Mir sind dabei Maleraugen gewachsen. Wir fuhren langsam über den Seedamm nach Rapperswil und am anderen Ufer, über Stäfa, langsam in die Stadt zurück. Wir badeten in der Landschaft. Vor jedem Fußgängerstreifen hielt Urs an, wenn jemand über die Straße wollte. Manchmal kam es mir vor, als würde Urs vor den Fußgängerstreifen langsamer fahren, um die Gelegenheit zu erhalten, jemanden über die Straße lassen zu können. Das ist sein Verkehr mit der Welt, die sich bewegt.“
Martin Disler über Urs Lüthi
Zu diesem Buch ist eine Vorzugsausgabe erschienen.
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