Ilse Kilic
VOM UMGANG MIT DEN PERSONEN. Eine Schöpfungsgeschichte
ISBN: 978-3-85415-376-4112 Seiten, brosch., erschienen 2005
Es gibt eine unendliche Zahl von Vorgängen in einer Sekunde der Plötzlichkeit, die der Hauptperson sowie dem Autor und der Autorin entgehen. Ein Intellekt, der Ursache und Wirkung als Kontinuum und nicht nach unserer Art als Zerstückeltsein der Zeit sähe, würde Ursache und Wirkung verwerfen und alle Bedingtheit leugnen.
Es gibt bekanntlich Autoren, die Romane schreiben und andere, die Lyrik verfassen und wieder andere, die sich der Kunst der Dramatik verschreiben. Weiters gibt es das „Fröhliche Wohnzimmer“ zu Wien, eine Factory, die seit vielen Jahren kleine feine Text-Bild-Comic-Bücher produziert. Ilse Kilic, weiblicher Part des „Wohnzimmers“, widmet sich in ihrem neuesten Buch der grundsätzlichen Frage nach Sinn und Zweck aller literarisch konstruierten Figuren, Personen und Protagonisten. Über eine Nabelschau der eigenen Historie mit und in der Literatur weit hinaus stellt sich Kilic einer prinzipiellen Untersuchung über „Hauptpersonen” und „Nebenpersonen” in Theorie und Praxis. Zahlreiche Exkurse in die Litera-turgeschichte führen uns etwa zu Frankenstein, Dr. Faust und Dracula, ein Spaziergang zu Carl von Linné lotst uns in buntes Theoriegestrüpp über „Tiere im Text“. Fragen nach einer spezifischen Gewichtung oder Temperatur von Hauptpersonen treiben uns spielerisch ins Mittelalter und bis in die Antike. Kilic betreibt eine engagierte Quasiwissenschaft, untersucht die wichtigsten Zusammensetzungsarten von Hauptpersonen, wie: Mosaik, Collage, Montage, flüchtige Verbindungen, Puzzle, Übertragung, Gegenübertragung.
Um die Wirkung von Namen zu prüfen, las eine Schriftstellerin ihrem Publikum mögliche Namen von Hauptpersonen unveröffentlichter Textwerke vor und fragte nach der Attraktivität dieser Personen. Das Ergebnis war verblüffend: Fanden sich in den Namen männlicher Hauperso-nen überwiegend Vorderzungenvokale wie „e“ und „i“, so fand das Publikum diese besonders attraktiv und sexy. Bei Namen weiblicher Hauptpersonen bewirkten indes die Hinterzungenvokale wie „a“ und „u“, dass das Publikum sich von ihnen besonders angezogen fühlte.